Freitag, 26. August 2011

Miteinander statt Gegeneinander

Ein Interview mit Nievida

Sie sind die Erfinder des Kugel-Tanzes – das ist so eine Art Enten-Pogo. Und sie besitzen ein erstaunlich hohes Maß an songschreiberischem Fingerspitzengefühl. Gemeint ist die Band Nievida. Die drei Jungs haben ein paar Worte mit mir geplaudert, bevor sie Anfang August das Freakstock rockten, bis die Fetzen flogen.

Schön, dass ihr euch die Zeit nehmt. Bitte stellt euch doch in aller Kürze einmal vor.

David: Wir sind die Band Nievida und kommen aus dem Elbe-Weser-Dreieck, und ich bin David und spiele Bass und singe.
Vincent: Ich bin Vincent. Ich spiele Gitarre und singe auch.
Nic: Und ich bin Nic, und ich mache die Drums.

Wie lange gibt es euch als Band denn schon?
David: Im Herbst feiern wir tatsächlich schon fünfjähriges Jubiläum.
Nic: Vielleicht auch ein 5,1jähriges. Je nachdem, wie lange wir brauchen, um das vorzubereiten.

Also habt ihr vermutlich auch vor dem Freakstock hier schon eine Menge Live-Erfahrung gesammelt. Könnt ihr vielleicht ein paar Highlights nennen, die ihr erlebt habt?
David: Eines unserer größten Highlights war letztes Jahr das Fonsstock-Festival in Nordenham. Das haben wir als Opener sozusagen eröffnet. Das war ziemlich cool.
Nick: Da gab es auch ein durchweg positives Feedback. Für uns selbst gab es auch noch ein anderes Highlight, obwohl das von der Zuschauerzahl her gar nicht so groß war: Wir haben unter dem Namen „Jugend demonstriert“ zwei Konzerte organisiert. Das war eine musikalisch-politische Veranstaltung, mit der wir zeigen wollten, dass gerade auf dem Land auch noch mehr geht als abends nur in die Disco zu gehen.

Wie ist es dann dazu gekommen, dass ihr hier zum Freakstock geraten seid?
David: Ich bin jetzt schon das dritte Jahr auf dem Freakstock und war immer sehr begeistert. Und dieses Jahr habe ich mir gedacht: Mensch, schreib doch mal das Booking-Team an, ob wir nicht spielen können. Und nach ein paar Monaten hieß es dann auch tatsächlich: Ja, ihr könnt spielen.

Wie schön, dass ihr jetzt hier seid! Dies ist ja ein christliches Festival. Wie ist eure eigene Haltung gegenüber Christen und Glauben und allem, was damit zusammenhängt?
David: Ich würde sagen, das ist in der Band sehr unterschiedlich, was auch gut ist. Ich selbst bin jetzt ja wie gesagt schon zum dritten mal auf dem Freakstock und bezeichne mich auch als Christ und Jesusfreak.
Vincent: Ich komme eigentlich aus der Landeskirche. Der David hat mich hier mit hineingezogen. Jetzt bin ich halt hier. Das ist eine neue Erfahrung für mich und auch eine gute Erfahrung, weil man hier über Gott und die Welt noch viel mehr nachdenkt als in manchen anderen Gottesdiensten.
Nic: Bei mir ist es so, dass ich mit Kirche sehr wenig Erfahrung hatte, als ich die beiden noch nicht kannte. Erst, als die Band dann entstanden ist, wurde das mehr. Aber ich bin da eher distanziert, was kirchliche Veranstaltungen betrifft. Trotzdem stehe ich dem Ganzen positiv gegenüber. Ich bin jetzt zum ersten mal hier auf dem Festival, habe schon viel Gutes darüber gehört, und das hat sich bis jetzt alles bestätigt. Ich bin da total tolerant und kann mich darauf einlassen.

Mit „Toleranz“ sprichst du ein wichtiges Thema an. Wieviel Toleranz bringt ihr als Band anderen entgegen, und wieviel Toleranz wird euch von anderen entgegengebracht?
David: Wir sind tolerant gegenüber Ponys.
Nic: Ponys.
Vincent: Ponys.
David: Ja, Ponys. - Also, Toleranz ist für uns als Band das wichtigste Thema in unseren Texten. Toleranz gegenüber Religionen und gegenüber Minderheiten ist so wichtig! Natürlich gibt es aber auch Gruppen oder Aktionen von Leuten, die wir nicht gut finden, und von denen wir uns klar abgrenzen. Wir haben ja diese zwei Konzerte gemacht, die halt gegen Rechts gerichtet waren.
Vincent: Auch gegenüber Bands ist Toleranz wichtig, in dem Sinne, dass wir sagen: Wir spielen hier nicht gegeneinander und machen keinen Wettbewerb, sondern wir spielen alle miteinander und haben Spaß. Das klappt viel besser.
Nic: Im musikalischen Bereich ist das für uns eine ganz wichtige Grundaussage. Ich habe da auch ein Lied darüber geschrieben, einen unserer neusten Songs. Dort geht es darum, dass gerade wir als Punkband in der lokalen Szene bei uns kaum involviert sind. Aber ich finde, dass es grundsätzlich darum geht, zusammen Musik zu machen und Spaß zu haben und nicht immer darum: Wer ist besser? Wer macht die größten Konzerte? Wer schreibt die besseren Songs? Das ist ja sowieso Ansichtssache. Mir geht es eben einfach um die Musik.

Habt ihr den Eindruck, dass euch andere auch mit der gleichen Toleranz gegenübertreten?
Nic: Das ist ganz unterschiedlich. Es hängt auch davon ab, wie gut man die Leute kennt. Wir haben zum Beispiel mehrere gut befreundete Bands, aber es gibt eben auch viele Bands die man bisher weniger gut oder gar nicht kennt, und die dann doch ein paar Vorurteile haben.

Gucken die euch schief an, weil ihr eine Punkband seid?
Nic: Naja, vielleicht zum Einen, weil sie uns wie gesagt gar nicht richtig kennen und bevorurteilt sind. Das könnte ich mir zumindest vorstellen. Und zum Anderen vielleicht auch, weil manche gehört haben: Die haben mit den Christen zu tun, und die machen so einfachen Punkrock. Bestimmt können die nichts Komplizierteres. - Ehrlich gesagt ist das, finde ich, einfach nur Schwachsinn. Jeder sollte die Musik machen, die ihm Spaß macht.

Wie kommt das eigentlich, dass ihr Punk macht und nicht zum Beispiel Folk-Rock?
Vincent: Für mich ist es einfach, dass Punk in den Texten eine viel radikalere Aussage hat. Damit meine ich jetzt nicht Gewalt und Auf-die-Schnauze-Hauen. Aber radikal sein, bedeutet zu sagen: So ist es! Es muss sich was ändern. Punk bedeutet, ein Zeichen zu setzen und zu sagen: Dazu stehe ich.
David: Es ist kompromissloser.

Welche Erfahrungen macht ihr mit kompromisslosen Inhalten? Merkt ihr, dass Leute über eure Texte nachdenken?
David: Ich hoffe es.

Ich hoffe es auch, aber ich bin mir da manchmal leider nicht so sicher. Vielleicht ist es ja auch so, dass ihr sozusagen zu den Bekehrten predigt, während die anderen euch ignorieren?
David: Wir füllen ja keine riesigen Stadien. Aber ich habe schon das Gefühl, dass wir dort, wo wir auftreten, auch die Leute bewegen.
Vincent: Das gibt es doch immer. Wenn wir jetzt nochmal zum Thema Gott kommen – da ist es eigentlich das Gleiche: Manche denken darüber nach und bilden sich so ihre Meinung. Aber manche sind auch in der Kirche einfach nur so dabei ohne darüber nachzudenken. Das Gleiche gibt es auch bei der Musik: Manche finden einfach die Musik gut ohne darüber nachzudenken, was die Texte aussagen.

Bekommt ihr Feedbacks von Leuten, von denen ihr es nicht erwartet hättet?
Nic: Das passiert sehr viel. Zum Beispiel haben wir vor Kurzem selber ein Wohnzimmerkonzert organisiert. Da haben wir bei David eine Hausparty gemacht und mit noch einer Band dort gespielt. Und da waren auch viele Leute die wir nicht kannten, und von denen wir dachten, dass sie wegen der anderen Band gekommen sind. Die standen aber größtenteils da und haben während unseres Konzerts immer mitgewippt und haben uns nachher auch noch ein ziemlich gutes Feedback gegeben. Jetzt kommt einige davon auch immer auf uns zu, wenn wir ihn irgendwo treffen, und grüßen uns. - Das war jetzt nur eine Erfahrung, aber davon gab es viele, auf verschiedenen Konzerten.

Das hört sich ja gut an. Aber wir müssen gleich schon zum Ende kommen. Habt ihr noch etwas auf dem Herzen, das ihr vorher loswerden wollt?
Nic: Die Freiheit der Ponys.
Vincent: Die Freiheit der Ponys.
David: Die Freiheit der Ponys von Guantanamo.

Wie kriege ich jetzt die Kurve zum Abschluss? - Ihr habt auch von neuen Songs gesprochen. Gibt es demnächst etwas CD-Förmiges von euch?
David: Wir arbeiten daran.
Nic: Wir wollen eine EP mit wahrscheinlich fünf Songs machen. Wann genau das sein wird, ist schwer zu sagen, weil wir alles selber aufnehmen, und die Vorbereitungen sind noch längst nicht getroffen. Wahrscheinlich fangen wir im Herbst an, aufzunehmen. Also, auf jeden Fall kommt noch eine EP von uns.

Ungefähr im Frühjahr?
Nic: Das ist realistisch.
David: Und natürlich steht ja – ganz wichtig – auch noch unser ungefähr fünfjähriges Jubiläum an. Oder das 5,1jährige oder 5,2jährige. Mit Special-Konzert.

Wo wird das stattfinden?
David: Irgendwo bei uns.
Nic: Im Norden.

Zusammen mit der Veröffentlichung der EP?
David: Warum nicht?
Nic: Das wäre optimal.
Vincent: Release – Schrägstrich – Jubiläum.
David: Das kündigen wir dann vorher an.

Ich bin jedenfalls gespannt und danke euch für dieses Gespräch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen