Montag, 9. Mai 2011

Zeit was zu verändern

Ein Interview mit WarumLila

Eine Horde junger Leute, die in einer Kirche den Pogo tanzen, geben sicherlich keinen ganz alltäglichen Anblick ab. Aber ich war dabei und kann bezeugen, dass es passiert ist. Verantwortlich für diesen Ausbruch von fetter Rock'n'Party-Stimmung im sakralen Raum waren WarumLila aus Minden. Die Band besteht aus Vitalli (Gesang), Anton (Gitarre), Tim (Keyboards), Frido (Schlagzeug) und Micha (Bass). Vor ihrem Auftritt beim Spring-Festival in Willingen beantworteten mir die Jungs einige Fragen.

Ich bin auf ein etwas älteres Stück von euch gestoßen, das mir gut gefallen hat. Es heißt „Es ist Zeit“ und hat mich an Die Ärzte erinnert. Ist das Zufall? Welches sind eure musikalischen Vorbilder?

Vitalli: Eigentlich sind die Ärzte nicht unsere Vorbilder. Ich höre die Ärzte ganz gerne und schreibe ja auch unsere Texte und Melodien. Aber die Ärzte gehören nicht zu den Bands, an denen wir uns besonders orientieren.
Anton: Nee, eigentlich gar nicht. Ich hatte nur mal so eine kurze Phase, wo ich die gehört habe.

Was hätte ich stattdessen denn heraushören können?
Vitalli: Papa Roach vor allem. In dem Song gibt’s doch dieses Didididüdüdü.
Anton: Eigentlich haben wir viele Einflüsse. Wir haben nicht nur Blink gehört sondern verschiedene Bands immer für eine Zeit lang. Das ging kreuz und quer. Mal war es Coldplay, und am Anfang der Bandzeit war es Papa Roach.
Tim: Dann auch Boys Like Girls.
Frido: Blink haben wir auch viel gehört.
Vitalli: Und Yellowcard haben wir auch gerne gehört. Unser Stil hat sich mit der Zeit gewandelt. Wir hören auch viel Relient K. Das ist für uns die wichtigste christliche Pop-Punk-Band.
Tim: Teilweise haben wir wirklich auch ganz unterschiedliche Musik gehört. Von System of a Down...
Anton: ...bis Bullet for my Valentine. Oder auch ruhige Sachen.
Micha: Volksmusik.
Anton (zu Micha): Wie bitte?
Micha: Ach, nichts.

Lasst uns die Perspektive einmal erweitern: Gibt es Personen oder Einflüsse, die ihr als Vorbilder für euer gesamtes Leben anseht?
Vitalli: Wir lesen viel. Viele unterschiedliche persönliche Geschichten von Leuten sprechen uns an.
Tim (zu Vitalli): Du schreibst ja auch viel über Alltagssituationen. Wenn in deinem persönlichen Umfeld etwas passiert, dann verarbeitest du das, indem du einen Song darüber schreibst.
Vitalli: Für uns als Band ist ganz klar aber auch Jesus Christus das große Vorbild. Er ist ja auch der Grund, warum wir diese Musik machen. … Und dann vielleicht noch Che Guevara.
Alle: Hahaha.
Anton: Und verschiedene Bands prägen uns natürlich auch. Ich finde den Sänger von Relient K beeindruckend, weil er sich sehr engagiert.

Wenn wir den Spieß umdrehen: Versteht ihr euch selbst auch als Vorbilder, wenn ihr heute Abend zum Beispiel vor einer großen Gruppe junger Leute spielt?
Vitalli: Ja, das ist schon so.
Anton: Gerade gegenüber jüngeren Leuten, die selbst auch Musik machen oder damit anfangen wollen. Wir spielen jetzt ja auch schon seit ein paar Jahren zusammen.
Tim: Nach den Konzerten sind wir meistens noch da und stehen für Fragen zur Verfügung.
Vitalli: Einmal kam ein Sänger einer anderen Band zu mir und hat mich um ein paar Tipps gebeten, so wie ich mir selbst auch früher Tipps von anderen Bands geholt habe. Es ist schön, etwas weitergeben zu können. Und ich habe gemerkt, dass wir gerade als christliche Band aufpassen müssen, was wir singen und schreiben. Viele haben gedacht, dass ich in dem Song „Der Sommer ist vorbei“ meinen Frust über meine Ex-Freundin herauslasse – dabei war der ganz anders gemeint.
Frido: Generell ist es auch wichtig, wie man sich auf der Bühne gibt. Oft ist einem das ja gar nicht so bewusst, aber wir sollten uns schon ins Gedächtnis rufen, dass wir da Vorbilder sind.
Vitalli: Auch wenn wir Stress haben, wollen wir beim Soundcheck locker bleiben, weil daran die Leute ablesen, wie eine Band drauf ist und mit Stress umgeht. Da gibt es auch negative Beispiele, und die merken sich dann alle. Wir wollen mit dem, was wir singen, ja glaubwürdig für die Zuhörer sein.

Ich hatte vorhin den Song „Es ist Zeit“ angesprochen. Da heißt es „Es ist Zeit, was zu verändern.“ Was sollte sich eurer Ansicht nach vor allem verändern?
Tim (zu Vitalli): Du hast den Song geschrieben.
Vitalli: In dem Song geht es um Egoismus. Ich singe: „Purer Egoismus, der aus deinem Herzen schreit.“ Und ich denke, dass es vor allem der Egoismus ist, der die Menschheit kaputt macht. Der Blick von uns selbst weg ist wichtig. Wir wollen versuchen, uns selbst zu verändern und damit dann auch andere Leute anstecken.

Habt ihr eine Vorstellung wie das geht? Es ist ja gut, die Gefahr erkannt zu haben. Aber jetzt wäre es günstig, auch noch eine Technik zu kennen, wie das funktionieren kann.
Vitalli: Das ist echt nicht so einfach.
Frido: Ein Rezept gibt es natürlich nicht. Wir können versuchen, etwas vorzuleben, aber letztlich geht es hier ja um die Einstellung, und darum ist es ganz schön schwer, das anzupacken, Man muss ja erstmal selbst erkennen, wo man auf dem falschen Weg ist.
Tim: Es ist immer gut, bei sich selbst anzufangen und dann vielleicht andere durch das eigene Leben zu überzeugen.

Das setzt natürlich voraus, dass ihr selbst die Sache schon ganz gut im Griff habt.
Tim: Das würde ich jetzt nicht sagen.
Anton: Ich würde das auch nicht von uns behaupten. Das wäre gelogen.
Vitalli: Aber es ist unser Vorsatz, an den wir uns immer wieder erinnern wollen. Wenn sich was verändern soll, dann muss sich eine Art Welle entwickeln. Wir wollen bei uns selbst beginnen, und das kann dann andere Leute beeindrucken und anstecken. Wenn es mehrere solche Menschen gibt, die von sich wegschauen und für andere leben, dann strahlt das, und kann Menschen verändern.

Zum Schluss noch: Ich spielt hier nachher in der Kirche, voraussichtlich vor einem vollen Haus. Worauf freut ihr euch am meisten?
Frido: Auf motivierte Leute, die mitmachen.
Tim: Ja, auf das Publikum.
Micha: Das ist echt cool, wenn wir merken, dass den Leuten unsere Musik gefällt.
Vitalli: Wir wünschen uns, dass das ein cooler gemeinsamer Abend wird, den wir mit dem Publikum gemeinsam feiern.
Tim: Es wäre auch schön, wenn die Leute diesen Abend und das gesamte Festival in guter Erinnerung behalten.
Anton: Außerdem freue ich mich noch auf die Bühne, weil es hier eine sehr ordentliche Anlage gibt.

Ich wünsche euch, dass es nachher richtig kracht und danke euch sehr für dieses Gespräch.

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