Donnerstag, 3. März 2011

Ein ungewöhnlicher Typ

Interview mit Mick Nordström
(English version below)

Beinahe 15 Jahre ist es nun her, da veröffentlichten ein paar Jungs aus Schweden eine großartige 7“-Platte unter dem Namen „Happy Unemployed“ (Soulscape 1997), auf der sie rauen und schnörkellosen Punk Rock zum Besten gaben. Der damalige Sänger und Schlagzeuger Mick Nordström hat mit mir per Mail über die alten Zeiten und über seine aktuellen Projekte geplaudert.

Eure Platte damals hieß „Happy Unemployed“, und darauf war auch ein Song über einen Typen, der überhaupt keinen Job haben will. Ist das einfach so eine Punk-mäßige Verherrlichung von Arbeitslosigkeit? Oder wolltet ihr Menschen ermutigen, ihr Leben so zu gestalten wie sie es wollen? Warum habt ihr diesen Titel gewählt?
Der Name „Happy Unemployed“ und der Song „Rupert Lloyd“ ist einfach eine Stellungnahme, die sich mit dieser Einstellung oder dieser Auffassung auseinandersetzt, nach der arbeitslose Menschen minderwertig sind gegenüber denen, die Arbeit oder einen eigenen Betrieb haben. Ich meine, man kann doch auch ohne Arbeit ein großartiger Mensch sein: schön, schlau, liebevoll und ein guter Freund. Zu viele Menschen machen ihre Arbeit zu ihrer Identität, und das ist für mich beängstigend. Und, so wie du gesagt hast, will ich auch Leute ermutigen, ihr Leben so zu leben, wie sie es wollen. Außerdem ist der Name „Happy Unemployed“ einfach ein großartiger Name für eine Punk-Band, findest du nicht? Hahaha!
Ja, das ist definitiv ein cooler Name. Auf der B-Seite der Platte waren zwei Stücke, die sich mit dem christlichen Glauben beschäftigen. Habt ihr die Platte vor allem an ein christliches Publikum gerichtet oder eher an ein nicht-christliches?
Wir haben die Platte definitiv für alle Sorten von Menschen gemacht, Christen und Nicht-Christen, Atheisten, was auch immer. Ich würde nie einen Song ausschließlich für Christen schreiben, nur weil ich selbst einer bin. Einen Glauben zu haben ist einfach ein wichtiger Bestandteil meines Lebens, und ich schreibe halt über Dinge, von denen ich es natürlich finde, über sie zu schreiben. Es stört mich, dass so viele Menschen denken, wenn man über den christlichen Glauben schreibt, dass es sich dann automatisch an Christen richtet. In Wirklichkeit ist es genau anders herum. Diejenigen, die etwas vom Glauben hören sollten, sind doch die Nicht-Christen, denn die Christen sind ja schon vertraut mit der Botschaft, stimmt's? Jedenfalls ging es bei Happy Unemployed nie darum, die Welt zu retten. Wir waren einfach eine Rockband und hatten Spaß.
Ich stelle mir vor, dass es nicht ganz so leicht ist, eine christliche Punk-Band zu betreiben, weil häufig Punks gegenüber Christen misstrauisch sind, während Christen gegenüber Punks misstrauisch sind. Wie bist du mit diesem Widerspruch umgegangen?
Naja, wie ich schon gesagt habe, Happy Unemployed war nie so eine evangelistische Band. Wir waren einfach ein paar Jungs, die Musik machten, die uns gefiel. Ich habe ein paar Texte geschrieben, die meinen natürlichen Glauben an Gott ausgedrückt haben, und die Musiker, die wir bei den Live-Auftritten dabei hatten, waren Christen, außer einem Kerl, den wir als Schlagzeuger eingesetzt haben. Aber anderen gegenüber misstrauisch zu sein ist, nehme ich an, einfach ein natürliches Verhalten zwischen Menschen. Trotzdem hatte ich nie ein Problem damit.
Erinnerst du dich an eine andere Auseinandersetzung, die von der Existenz der Band oder von der Veröffentlichung des Albums ausgelöst wurde? Falls ja, welche war das?
Nein, eigentlich nicht. Wir haben einfach nie die Aufmerksamkeit erhalten, die wir verdient gehabt hätten, denke ich.
Das ist wohl das Schicksal vieler toller Punk-Bands, fürchte ich. Lass uns mal über die Projekte reden, an denen du später mitgewirkt hast. So weit ich weiß hast du in einigen Bands gespielt und auch ein paar Alben produziert. Mit welchen Bands hast du zusammengearbeitet? Und welche Art von Musik hat dich am meisten beeinflusst?
Als „Söldner“ habe ich für Narnia, Flagship, Leviticus, Charizma, Quill, Spearfish und XT Schlagzeug gespielt. Als richtiges Mitglied war ich bei den folgenden Bands dabei: Modest Attraction, Cornerstone (Swe) und Stonefuze. Derzeit bin ich Mitglied in der Progrock-Band Lava Engine und ich wirke auch bei den Aufnahmen für die zukünftigen Veröffentlichungen des amerikanischen Doom-Sängers David Benson mit, und auch bei einer Blues-Rock-Band namens Franklin Blues Band. Ich habe eine große Zahl unbekannter Independent-Rock-Bands aufgenommen und produziert, und auch ein paar etwas bekanntere wie Charizma, Sanctifica, Royal und Selfmindead. Aufgewachsen bin ich mit klassischer Musik und Jazz. Mein Vater hatte in seiner Sammlung keine einzige Pop- oder Rock-Platte. Angefangen, Pop und Rock zu hören, habe ich im Alter von 10 Jahren und meine ersten Helden waren The Sweet. Wegen – oder besser gesagt: dank meiner Erziehung und meiner Gene habe ich immer auch symphonische Pop- und Rock-Musik gehört: ELO, Alan Parsons, John Miles, 10CC, Kansas, Camel, Genesis, Yes undsoweiter. Punk-Musik gefiel mir gar nicht, als die Szene 1976/77 aufkam. Richtig gefallen hat mir Punk erst ungefähr 10 Jahre später. Ich erinnere mich noch daran, wie ich die Ramones '87 live gesehen habe und dachte: „das ist sooo cool!“ Deswegen höre ich heute Bands wie die Ramones oder Sex Pistols echt gerne. Wenn du findest, dass ich mich auf der Happy Unemployed Platte ein bisschen wie Johnny Rotten anhöre, dann liegt das einfach daran, dass ich wie er klingen wollte.
Das ist aber eine Menge! Was fasziniert dich so sehr an der Musik, dass du so viel Zeit in Bands und andere Projekte investierst? Hast du irgendwann man eine Art Schlüsselerlebnis gehabt?
Ich liebe Musik einfach. Sie machen, spielen, aufnehmen. Es gibt vieles an der Musik-Industrie, was totaler Müll ist. Ich liebe nur den kreativen Teil davon. Musik ist ein echt großer Teil meines Lebens, und das schon seit so langer Zeit. Deswegen finde ich es schwer, ein spezielles Erlebnis herauszugreifen, durch das ich dachte: „Genau das will ich machen.“ Ich wusste einfach schon immer, dass ich mit Musik zu tun haben muss, seit ich denken kann. Auch wenn ich für meine Arbeit als Schlagzeuger bezahlt worden bin, hatte ich auch immer tagsüber eine normale Arbeit, mal abgesehen von den 5 Jahren, in denen ich vollzeitlich als Toningenieur und Produzent in einem Studio gearbeitet habe.
Wie wirst du deine Liebe zur Musik mit deiner jetzigen Band Lava Engine weiter ausleben? Plant ihr eine Tour, oder nehmt ihr ein neues Album auf?
Wir proben mit Lava Engine zur Zeit für einen Auftritt in Gothenburg am 25. März. Dieses Jahr werden wir auch noch eine neue Platte aufnehmen, und das wird diesmal auch ein Album in voller Länge. Irgendwann dieses Jahr werde ich auch die Drums für David Benson's neues Album einspielen. Und ich verfolge außerdem auch noch diesen Traum, eines Tages ein Solo-Album zu machen.
In welchen Bereichen deines Lebens ist der rebellische Geist des Punk-Rock noch lebendig?
Der rebellische Punk-Geist ist in meiner ganzen Persönlichkeit sehr lebendig, das heißt, ich bin ein ziemlich ungewöhnlicher Typ. Ich gehe meinen eigenen Weg und sträube mich dagegen, so zu sein, wie alle anderen. Ich muss mir dazu nicht wirklich Mühe geben, denn so bin ich einfach, hahaha!
Vielen Dank für das Interview, und sei ruhig weiter ungewöhnlich.


AN UNUSUAL GUY
Interview with Mick Nordström

It was nearly 15 years ago when some guys from Sweden released a great 7“ record under the name of „Happy Unemployed“ (Soulscape 1997) on which they performed some rough and straight forward Punk Rock. The singer and drummer from those days, Mick Nordström, has had a chat with me by email, talking about the old times and about his current projects.

The record back then was named „Happy Unemployed“ and it also had a song on it about some guy who doesn't even want to get himself a job. Is this a mere punk-like glorification of unemployment? Or did you want to encourage people to live their lives just the way they want to? Why have you chosen that title?

The name Happy Unemployed and the song „Rupert Lloyd“ is simply a statement that deals with this attitude or comprehension that unemployed people are inferior compared to employed people or people that have a bussiness running. I mean, one can be without a job and be a great person, beautiful, smart, loving and a great friend. Too many people have their jobs as their identity and that is scary I think. And as you mentioned, I also want to encourage people to live their lives as they want to. The band name Happy Unemployed is also a great name for a punk band, don't you think? Hahaha!
Yes, it definitely is a cool name. On the B-side of the record, there are two songs that deal with Christian faith. Were you adressing the EP mainly to a Christian audience or rather to a non-Christian one?
We were defenetily adressing the record to all kinds of people, Christians, non-Christians, Atheists, whatever. I would never write a song just aimed for Christians just because I am a Christian myself. To have a faith is just simply a big part of my life and I just write about things I find natural to write about. I find it disturbing that so many people think that if one writes about the Christian faith it is automaticly aimed for Christians. It is the other way around, really. The ones that need to hear about the faith should be the non-Christians, because the Christians are allready familiar with the message, right? Anyway, Happy Unemployed was never about saving the world. We were just a rockband having fun.
I figure it's not quite so easy to run a Christian Punk band, because often Punks are suspicious of Christians whereas Christians are suspicious of Punks. How have you dealt with this opposition?
Well, as I said, Happy Unemployed was never an evangelical type of band. We were just some guys playing music that we like. I wrote some lyrics that expressed my natural beliefs in God and the musicians that we had with us during live performances were Christians, except for one guy that we used as a drummer. But to be suspicious of other people is, I guess, just a naturual behavior among us humans. I never had a problem with it though.
Do you remember some other discussion that the existence of the band or the release of the album „Happy Unemployed“ has caused? If so, what was it?
No, not really. We never got the attention that we deserved I think.
That seems to be the fate of many great Punk bands, I'm afraid. So let's talk about the projects that you've worked on later. As far as I know you have played in a couple of bands and also produced a few albums. What bands have you worked with? And what kind of music has influenced you the most?
As a „hired gun“ I have played drums for Narnia, Flagship, Leviticus, Charizma, Quill, Spearfish and XT. As a member I have been in following acts: Modest Attraction, Cornerstone (Swe), Stonefuze. Today I am a member of progrockers Lava Engine and I am also doing recordings for future releases with American doom singer David Benson and a blues/rock band called Franklin Blues Band. I have recorded and produced a great number of unknown independent rock bands and some a little bit more known like Charizma, Sanctifica, Royal and Selfmindead. I grew up with classical music and jazz. My father never had a single pop or rock album in his collection. I started out listening to pop and rock at the age of 10 and my first heroes were the Sweet. Because of ...or thanks to my upbringing and my genes I always have been listening to symphonic rock and pop. ELO, Alan Parsons, John Miles, 10CC, Kansas, Camel, Genesis, Yes etc. etc. I never liked the punk music when it came on the scene in 1976/77. I started to really like punk music like 10 years later. I remember I saw the Ramones live in ´87 and remember me thinking, „this is sooo cool!“. So, today I really enjoy bands like Ramones and Sex Pistols. If you think I sound a bit like Johnny Rotten on the Happy Unemployed record it's simply because I wanted to sound like him.
That's quite a lot. What is fascinating you so much about music that you spend that much of your time on bands and other projects? Have you had some kind of a crucial experience some day?
I just love music... to make it, to play it, to record it. There is so much about the music industry that is totally crap. I only love the creative part of it. Music has been such a big part of my life for so long and I find it hard to point out a special experience that made me think „This is what i wanna do“. I just always knew I was going to be involved in music as long as I can remember. Even if I have been paid for my work as a drummer I have always had a regular day job apart from when I was working as an engineer and producer for about 5 years full time in a studio.
So how are you going to live out your love in music with your present band Lava Engine? Are you planning to go on tour or record a new album?
We are currently rehearsing with Lava Engine for a gig in Gothenburg the 25th of March. A new album will be recorded this year and this time it will be a full lenght album. I will also record drums for David Benson's new album sometime this year. And I also have this dream about making a solo album sometime.
In which areas of your life is the rebellious spirit of Punk Rock still alive?
The rebellious spirit of Punk Rock is very alive within my personality in terms of me being a quite unusual guy. I go my own way and refuse to be like everyone else. I don't really have to work hard on that, because that's just the way I am, hahaha!
Thank you very much for the interview. And keep on being unusual.

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